Angst schüren oder verharmlosen?

Einordnung der Pressemitteilung des Unternehmerverbandes MV vom 06.03.2023

PM-Unternehmerverband-zur-Ansiedlung-von-Vink-Chemicals-06.03.2023.pdf (uv-mv.de)

In der ersten Beschreibung der Chemiefabrik durch den Unternehmerverband wird der Eindruck erweckt, dass es sich hier um eine gewöhnliche Ansiedlung mit den gewöhnlichen gesetzlichen Bestimmungen handelt, die, werden sie eingehalten, „Mensch, Tier, Pflanzen, Wasser und Atmosphäre“ schützen. Dies ist leider nicht der Fall. Bei einem „Störfall- und Dennochstörfallbetrieb“ wird vom Gesetzgeber davon ausgegangen, dass „trotz geeigneter Auslegung von Anlagen ein Versagen eintritt“, man spricht vom „Dennoch“-Störfall“

AEGL – Störfallbeurteilungswerte: Bedeutung und Recht | Umweltbundesamt

Hinzu kommt, dass die deutsche Störfallverordnung lediglich die „Betriebsbereiche“ mit gefährlichen Stoffen betrachtet. Störfallverordnung – Wikipedia

„Während in Deutschland und Österreich die jeweilige Störfallverordnung nur für Betriebsbereiche bzw. -anlagen gilt, sind in der Schweiz und in Liechtenstein auch Verkehrswege…“ eingeschlossen.

„Nicht darin geregelt sind entsprechend Allmählichkeitsschäden durch zu hohe Emissionen.“

Das bedeutet bei der geplanten Ansiedlung der Chemiefabrik in Schwerin konkret, dass weder die jährlich ca. 5000 Transporte (täglich ca. 15 LKW) mit gefährlichen Chemikalien, die durch die empfindlichen Naturräume und durch Trinkwasserschutzgebiete sowie durch umliegende Siedlungen, Städte und Dörfer fahren, berücksichtigt werden, noch die Emissionen im Normalbetrieb. Kontaminierte Abluft und Abwasser können dementsprechend in die Umwelt, z.B. die Schweriner Seen und das Grundwasser gelangen. Dass dies ein mögliches Szenario ist, monierte die Wasserbehörde bei der Erörterung. Nachzulesen im Wortprotokoll.

Bisher konnte nicht nachgewiesen werden, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die „Mensch, Tier, Pflanzen, Wasser und Atmosphäre“ schützen sollen, eingehalten werden. Dennoch darf das Unternehmen jetzt schon mit dem Bau beginnen, weil das StALU einen vorzeitigen Baubeginn erlaubt hat.

Die Behauptung des Unternehmerverbandes: „jegliche Gefahren von vornerein ausschließen, dann könnte kein Unternehmen mehr tätig werden oder sich noch neu ansiedeln“ ist nicht zu halten. Allein schon die notwendige Einordnung als erster Störfallbetrieb Schwerins setzt dieses Argument ad absurdum.

Weiterhin wird den „Umweltschützern“ unterstellt, sie „klammern damit auch aus, dass Erzeugnisse, die aus der chemischen Produktion in zahlreichen Bereichen benötigt werden, dann in anderen Ländern, mit meist deutlich geringeren Sicherheitsstandards hergestellt werden und von dort nach Deutschland gelangen.“ Leider ist es genau anders herum: VINK Chemicals ist ein global produzierendes Unternehmen. In Schwerin sollen in der EU nicht mehr zugelassene Stoffe, z.B. Diuron, nach eigener Aussage zumindest gelagert werden. Auf die Frage, wozu, bekam der BUND MV im Erörterungstermin keine Antwort. Bekannt ist aber, dass Deutschland eines der führenden Exportländer für in der EU nicht mehr zugelassene Chemikalien nach Südamerika, Afrika oder auch Asien ist.

Doch auch weltweit werden die Folgen bekannter. Störfälle mit verheerenden Folgen, schleichende Erkrankungen oder zerstörte Landschaften sorgen dafür. Alternativen zu den gefährlichen Stoffen sind für viele Anwendungen längst auf dem Markt etabliert. Viele der vermeintlich notwendigen Produkte wurden in den vergangenen Jahren nicht nur als nutzlos und ersetzbar, sondern auch schädlich entlarvt. Zu behaupten, es würden „von vornherein Ängste geschürt“ ist der traurige Beweis, dass der UV-MV an einem sachlichen Austausch offenbar nicht interessiert ist. Besonders der Rundumschlag, der BUND würde jegliche Industrie ablehnen und „vornherein Ängste gegenüber Industrie…“ schüren, ist eine glatte Lüge. Der BUND hat im Gegenteil gefordert, das bestehende Industrie- und Gewerbegebiet Göhrener Tannen durch einen Bahnanschluss zukunftsfähig besser aufzustellen und zu nutzen, statt neue Gewerbegebiete ohne Bahnanschluss zu erschließen. Gerade deshalb sind wir in Sorge. Ein Störfallbetrieb dieser Art ist die denkbar schlechteste Werbung für weitere Betriebe. Diese müssten von Anfang an selbst für erhöhte Sicherheitsstandards und Katastrophenschutzmassnahmen sorgen, was mit erheblichen Mehraufwendungen einhergehen würde. Auch die bereits bestehenden Unternehmen der Lebensmittelindustrie und der Medizintechnik sehen sich nun hohen Investitionskosten für die Vermeidung einer Kontamination ihrer Produkte ausgesetzt. Es ist verwunderlich, dass der UV-MV sich mit großem Engagement gegen die größten Arbeitgeber im Industriepark Schwerin einsetzt.

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