Die Stadtvertreter*innen der Stadt Schwerin und das Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern hatten es in der Hand und sie entschieden sich für die Ansiedlung einer Chemiefabrik in Schwerin. Mit der Begründung, dass es den Industriestandort voran bringen würde, wurde eine Fläche im Industrie- und Gewerbegebiet Göhrener Tannen an die Firma VINK Chemicals Produktionsgesellschaft mbH verkauft und Mittel der Wirtschaftsförderung ausgegeben. Drei Jahre später stellt sich die Situation so dar:
Mit sieben Millionen Euro Wirtschaftsfördergeldern sollen 45 hochspezialisierte Arbeitsplätze geschaffen werden, was jedoch im Falle einer grundsätzlich havariegefährdeten Chemiefabrik (siehe Störfallbetrieb) rund 1200 bestehende Arbeitsplätze im Industriegebiet u.a. in der Lebensmittelindustrie und Medizintechnik potentiell gefährdet. Hinzu kommt der bekannte Fachkräftemangel.
Was soll produziert werden?
Bei den sogenannten „technischen Konservierungsstoffen“ handelt es sich chemisch um zum Teil hochtoxische, in Europa nicht mehr zugelassene Stoffe, nach eigener Aussage von VINK Chemicals Technische Biozide | Vink Chemicals (vink-chemicals.com), die entwickelt und eingesetzt werden, um Mikroorganismen zu töten. Entgegen der Behauptung des Unternehmerverbandes MV, „Jeder brauche Chemie und es gäbe keine Alternativen“ (PM-Unternehmerverband-zur-Ansiedlung-von-Vink-Chemicals-06.03.2023.pdf (uv-mv.de), ist man sich heute bereits der multiplen negativen Auswirkungen für Mensch, Natur und Umwelt bewusst. Zahlreiche Studien belegen die großen Risiken der Anwendung dieser Stoffe und es gibt vielfältige Alternativen, besonders im privaten Bereich. Auch die Annahme, diese Ansiedlung würde einen „Impuls für weitere Investitionen“ geben, scheint realistisch betrachtet unwahrscheinlich, es sei denn, Schwerin möchte zum Standort kritischer Störfallindustrie werden. Mehrfach wurde von den benachbarten Unternehmen Ypsomed und Nestle betont, wie maximal ungeeignet ein solcher Störfall- und Dennochstörfallbetrieb an dieser Stelle sei. Ungeachtet dessen wurde am 15. September 2023 der vorzeitige Baubeginn gestattet. – Noch vor der eigentlichen Betriebsgenehmigung!
Was können wir also tun?
Wir können zeigen, dass die Entscheidung unserer Stadtvertreter*innen nicht im Sinne einer zukunftsfähigen Wirtschaftsentwicklung der Stadt Schwerin war und wir können auf die Risiken einer Ansiedlung dieser Chemiefabrik hinweisen. Das hat nichts mit „Angst schüren“ (UV-MV) zu tun, sondern mit Aufklärung und realistischer Darstellung der Folgen dieser Entscheidung.
Fehler in den Genehmigungsunterlagen
Beim Erörterungstermin des StALU wurden durch den BUND MV etliche Fehler, fehlende Untersuchungen und fehlende Unterlagen angemahnt. So wurde u.a. keine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung angefertigt, es gibt keine Angaben über die Art der Abwasserbehandlung der Chemiefabrik, der Transport der Chemieprodukte soll bisher nicht obligatorisch in doppelwandigen Behältern bzw. Tankfahrzeugen erfolgen und es liegt kein Nachweis der vollständigen Munitionsberäumung des vorbelasteten Geländes vor. Im Wortprotokoll kann man auf über 100 Seiten die mehr als sechsstündige Erörterung nachverfolgen. Immer wieder wurde auf die strengen deutschen Gesetze und Vorschriften verwiesen, die eingehalten werden müssen. Doch grundlegende Nachweise dafür fehlten in den Unterlagen, die dem BUND und der Öffentlichkeit zur Verfügung standen. Nun wurde trotz des aus unserer Sicht fehlerhaften Antrags der vorzeitige Baubeginn genehmigt. Das ist rechtlich sogar möglich, da damit der eigentliche Betrieb mit den gefährlichen Stoffen noch nicht beginnen darf. Das Unternehmen baut jedoch auf eigenes Risiko. Es ist traurige Realität, dass dies trotz aller noch ungeklärten Sachverhalte möglich ist und so Tatsachen geschaffen werden.